Nach
Jahren der Distanz und Konkurrenz sorgt der neue DGU-Generalsekretär Prof.
Maurice Stephan Michel für mehr Nestwärme in der urologischen
Verbändefamilie. Berufsverband und Fachgesellschaft schlossen eine
schriftliche Vereinbarung über mehr Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die aber Raum
für unterschiedliche satzungsgemäße Schwerpunkte von DGU und BDU lässt. Im Juni
wird ein Ausschuss der Verbände zum ersten Mal tagen, in dem sich die beiden
geschäftsführenden Vorstände sowie – themenabhängig – Experten von DGU und BDU
drei- bis viermal im Jahr über aktuelle Themen der Urologie wie die Ambulante
Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) oder die Musterweiterbildungsordnung
unterhalten.
Seit dem
DGU-Jahreskongress 2016 in Leipzig müht sich der junge DGU-Generalsekretär
Prof. Maurice Stephan Michel (Foto) um eine Annäherung zwischen DGU und BDU. Die nun
zwischen beiden Verbänden geschlossene Vereinbarung eröffnet Gemeinsamkeiten,
ohne die Unterschiede mit Gewalt zu nivellieren.
Der lange Weg der Verbände zu Vertrauen und Kooperation
„Institutionell wird es dabei bleiben, dass es einen BDU und eine DGU gibt“, erklärt Michel im Gespräch mit Medical Communications. „Diese Unterteilung ist auch gut so. Beide Verbände sind gewachsene Strukturen, die gute Arbeit machen. Mir kommt es darauf an, das Trennende zwischen Klinikern und Niedergelassenen zu überwinden. Stattdessen rege ich eine themenbezogene gemeinsame Arbeit der beiden Verbände an, wobei jeweils der am meisten betroffene Partner die Leitung hat. Zunächst geht es darum, Vertrauen zwischen den Vertretern aufzubauen.“
Traditionell
prägten oft Distanz und Misstrauen das Verhältnis zwischen Klinikern und
Niedergelassenen. Zu deutlich waren die ökonomischen Interessenunterschiede
zwischen dem selbstständigen Freiberufler in der Praxis und dem angestellten
Arzt im Krankenhaus. Je nach Region schienen die Gräben unüberwindbar. Insofern
ist der Weg zu Einheit und Vertrauen weit.
DGU und BDU auf einer Etage im Westteil der Hauptstadt
Ein wichtiger symbolischer Schritt war der Umzug der BDU-Geschäftsstelle aus dem Haus der Deutschen Krebsgesellschaft an der Kuno-Fischer-Straße in das neue DGU-Hauptstadtbüro in der Nestorstraße 8–9 unweit des Kurfürstendamms im alten West-Zentrum Berlins.
Beide
Verbände arbeiten dort jetzt auf einer Büroetage. „Das war ein sehr wichtiger
Schritt, damit auch die beiden Geschäftsführer Frank Petersilie (DGU, d. Red.)
und Dr. Roland Zielke (BDU, d. Red.) regelmäßig miteinander sprechen und
zusammen arbeiten können“, unterstreicht Michel. Wie schwierig die Annäherung
ist, zeigt die Einschätzung von BDU-Geschäftsführer Dr. Roland Zielke (Foto): „Der
Berufsverband ist in Vorleistung getreten und hat seinen Geschäftssitz mit der
Berliner Geschäftsstelle der DGU in der Nestorstraße zusammengeführt. Dennoch
muss diese Zusammenarbeit natürlich jetzt gelebt werden. Ein Anfang ist
gemacht, jetzt gilt es, die Zusammenarbeit der Verbände dauerhaft mit Leben zu
füllen“, fordert Zielke im Gespräch mit Medical Communications.
Ein gemeinsames Thema wird die Suche nach einer neuen Immobilie in Berlin für
das „Haus der Urologie“. DGU und BDU wollen dieses Haus gemeinsam kaufen.
Ein weiteres Glied in der Kette
der neuen Gemeinsamkeiten ist eine Art „Koalitionsausschuss der Urologie“. Die
geschäftsführenden Vorstände beider Verbände treffen sich mehrfach im Jahr in
einem Verbände-Ausschuss und ziehen je nach Agenda Spezialisten hinzu. Im Juni
fand bereits das erste Treffen statt. „Für die DGU nehmen
regelmäßig Generalsekretär und Geschäftsführer, für den BDU Präsident und
Geschäftsführer teil“, so Michel.
Die Ettlinger Generalprobe des neuen Miteinander
Eine Art Generalprobe für das neue Miteinander gab es während der Frühjahrs-Sitzung des BDU-Hauptausschusses in Ettlingen. Die Sitzung wurde für eine DGU-BDU-Klausur unterbrochen, an der Michel sowie Vorstand Dr. Thomas Speck für die DGU teilnahmen. „Die DGU-BDU-Vereinbarung legt fest, dass sich beide Seiten zunächst auf die in ihren jeweiligen Satzungen festgeschriebenen Schwerpunkte konzentrieren. Für den BDU ist dies die Berufspolitik, für die DGU Wissenschaft und Fortbildung.
BDU-Präsident
Dr. Axel Schroeder und der DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel
erklärten bei dieser Klausurtagung, dass die Trennung zwischen niedergelassenen
Urologen im Berufsverband sowie klinisch tätigen Urologen in der
Fachgesellschaft überwunden werden soll. In Zukunft soll viel mehr betont
werden, dass beide Verbände gleichberechtigt die Urologie vertreten. Beide
Verbände verstehen sich als Vertreter der Urologie und wollen die Marke
Urologie in Zukunft gemeinsam stärken“, erläutert Zielke den neuen Geist, der
nun herrscht. Thematisch sollen die jeweiligen Stärken und Schwerpunkte der
Verbände genutzt werden.
Gemeinsame Weiterbildung ist ein Schlüsselfaktor
Oben auf der von Michel initiierten Agenda steht die zukünftige Struktur der Weiterbildung zum Urologen. Klinische und ambulante Urologie sollen an einem Strang ziehen. Michel verdeutlicht diesen Ansatz: „Für den Assistenten oder die Assistentin gilt, dass sie ein bis zwei Jahre ihrer Weiterbildung in der ambulanten Medizin bei niedergelassenen Urologen absolvieren können. Dadurch haben wir im Endeffekt mehr Ausbildungsplätze als bei rein klinischer Weiterbildung. An der klinischen Kernzeit von drei Jahren wird sich ja nichts ändern. Die Aufstockung der Weiterbildungsplätze um 40 % bewirkt auch, dass wir auslaufende urologische Praxen schneller mit jungen Nachfolgern nachbesetzen können.“ Michel betont: „Ich finde diesen Aspekt sehr wichtig und ich glaube auch, dass junge Urologen eine gute Ausbildung in der urologischen Praxis haben können.“ Die Novelle der Weiterbildungsordnung wird bei beiden Verbänden gleichgewichtig eingestuft. Die DGU kümmerte sich bislang um die Struktur des Urologie-Kapitels und trug maßgeblich zum Entwurf bei.
Politik soll die ambulante Weiterbildung bezuschussen
„Der BDU muss sich um die Frage der Finanzierung dieser Weiterbildungsplätze in der ambulanten Urologie kümmern. Wir helfen gerne dabei, aber dies ist eine Aufgabe des Berufsverbands. Es geht um die Leistungsfähigkeit der Praxis, wenn ein Praxisassistent dort arbeitet. Wenn es dann nicht möglich ist, mehr Leistungen zu erbringen und abzurechnen, dann müssen wir schon nachfragen, wie man denn diese Weiterbildung finanzieren will. Wir müssen das Thema des stark angewachsenen Versorgungsauftrags bei der Politik ansprechen. Wir sollten in diesem Fall von der Politik fordern, die Weiterbildung von Praxisassistenten in der urologischen Praxis mit 50 % zu bezuschussen“, so Michel.
Die Ambulante
Spezialfachärztliche Versorgung ist ebenfalls ein gleichrangiges Thema für
beide Verbände. In der DGU sind Prof. Jan Roigas und Vorstand Speck für das
Thema ASV zuständig, im BDU unter anderem der Vizepräsident Dr. Holger Uhthoff.
Michel beschreibt den aktuellen Stand: „Es gibt ein Konzept der beiden Verbände
zur ASV, aber das befindet sich zurzeit noch im geschlossenen Bereich der
internen Besprechung und Abstimmung zwischen den Verbänden. Wahrscheinlich
werden wir im Spätsommer dieses Jahres so
weit sein, um ein detailliertes ASV-Konzept der beiden Verbände öffentlich
kommentieren zu können.“
Das ASV-Modul Urologische Tumoren startet im April 2018
BDU-Geschäftsführer Zielke betrachtet die ASV als berufspolitischen Schwerpunkt des BDU. „Die ASV ist ein klares berufspolitisches Thema, aber selbstverständlich wird die DGU hierbei fachlich eingebunden. Eine Arbeitsgruppe der Verbände besteht schon länger. Mit der Ankündigung des ASV-Bausteins ‚Urologische Tumoren‘ wird es nun ernst. Von jetzt an wird die Arbeit dieser Gruppe oberste Priorität für die Urologen haben“, so Zielke. Er hofft auf eine vertrauensvolle Kooperation mit DGU-Vorstand Speck, der als ehemaliger Landesvorsitzender des Berufsverbands in Berlin durchaus das Vertrauen der Niedergelassenen genießt.Der Gemeinsame Bundesausschuss plant derzeit, in seiner letzten Sitzung im Dezember dieses Jahres das Urologie-Modul der ASV zu beschließen. Am 1. April 2018 soll es dann offiziell in Kraft treten.
Die ASV ist ein Diskussionsthema zwischen Verbänden
Im weiteren Gespräch macht Zielke aber auch deutlich, dass die ASV durchaus ein Diskussionsthema zwischen den urologischen Verbänden ist. „Die Einbindung eines Klinikträgers“, so der Geschäftsführer, „ist nicht zwingende Voraussetzung für die Implementierung der ASV. Natürlich kann ein stationär tätiger Arzt Teil des ASV-Teams werden, aber es ist keine notwendige Bedingung für die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung. Der wesentliche Beitrag der Klinikträger wird deren Verwaltungsapparat sein. Da die ASV sehr verwaltungsintensiv ist, werden die Klinikträger natürlich ihre Verwaltungskompetenz einbringen. Dem
G-BA ist es wichtig, dass die Facharztgruppen-übergreifende Zusammenarbeit funktioniert. In zweiter Linie geht es dann um die intersektorale Kooperation zwischen ambulanter und stationärer Medizin. Der G-BA geht davon aus, dass die ASV die Onkologievereinbarung nicht ersetzen, sondern eher ergänzen wird.“
Autor: Franz-Günter Runkel, Medical Communications