Dienstag, 20. Juni 2017

DGU und BDU nähern sich trotz Stolpersteinen an

Nach Jahren der Distanz und Konkurrenz sorgt der neue DGU-General­sekretär Prof. Maurice Stephan Michel für mehr Nestwärme in der uro­logischen Ver­bändefamilie. Berufsverband und Fachgesellschaft schlossen eine schriftliche Vereinbarung über mehr Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die aber Raum für unterschiedliche satzungsgemäße Schwerpunkte von DGU und BDU lässt. Im Juni wird ein Ausschuss der Verbände zum ersten Mal tagen, in dem sich die beiden geschäftsführenden Vorstände sowie – themenabhängig – Experten von DGU und BDU drei- bis viermal im Jahr über aktuelle Themen der Urologie wie die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) oder die Musterweiter­bildungsordnung unterhalten.
Seit dem DGU-Jahreskongress 2016 in Leipzig müht sich der junge DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel (Foto) um eine Annäherung zwischen DGU und BDU. Die nun zwischen beiden Verbänden geschlossene Vereinbarung eröffnet Gemeinsamkeiten, ohne die Unterschiede mit Gewalt zu nivellieren. 

Der lange Weg der Verbände zu Vertrauen und Kooperation


„Institutionell wird es dabei bleiben, dass es einen BDU und eine DGU gibt“, erklärt Michel im Gespräch mit Medical Communications. „Diese Unterteilung ist auch gut so. Beide Verbände sind gewachsene Strukturen, die gute Arbeit machen. Mir kommt es darauf an, das Trennende zwischen Klinikern und Nieder­gelassenen zu überwinden. Stattdessen rege ich eine themenbezogene gemeinsame Arbeit der beiden Verbände an, wobei jeweils der am meisten betroffene Partner die Leitung hat. Zunächst geht es darum, Vertrauen zwischen den Vertretern aufzubauen.“

Traditionell prägten oft Distanz und Misstrauen das Verhältnis zwischen Klinikern und Niedergelassenen. Zu deutlich waren die ökonomischen Interessenunterschiede zwischen dem selbstständigen Freiberufler in der Praxis und dem angestellten Arzt im Krankenhaus. Je nach Region schienen die Gräben unüberwindbar. Insofern ist der Weg zu Einheit und Vertrauen weit. 

DGU und BDU auf einer Etage im Westteil der Hauptstadt


Ein wichtiger symbolischer Schritt war der Umzug der BDU-Geschäftsstelle aus dem Haus der Deutschen Krebsgesellschaft an der Kuno-Fischer-Straße in das neue DGU-Hauptstadtbüro in der Nestorstraße 8–9 unweit des Kurfürstendamms im alten West-Zentrum Berlins.

Beide Verbände arbeiten dort jetzt auf einer Büroetage. „Das war ein sehr wichtiger Schritt, damit auch die beiden Geschäftsführer Frank Petersilie (DGU, d. Red.) und Dr. Roland Zielke (BDU, d. Red.) regelmäßig miteinander sprechen und zusammen arbeiten können“, unterstreicht Michel. Wie schwierig die Annäherung ist, zeigt die Einschätzung von BDU-Geschäftsführer Dr. Roland Zielke (Foto): „Der Berufsverband ist in Vorleistung getreten und hat seinen Geschäftssitz mit der Berliner Geschäftsstelle der DGU in der Nestorstraße zusammengeführt. Dennoch muss diese Zu­sammenarbeit natürlich jetzt gelebt werden. Ein Anfang ist gemacht, jetzt gilt es, die Zusammenarbeit der Verbände dauerhaft mit Leben zu füllen“, fordert Zielke im Gespräch mit Medical Communications. Ein gemeinsames Thema wird die Suche nach einer neuen Immobilie in Berlin für das „Haus der Uro­logie“. DGU und BDU wollen dieses Haus gemeinsam kaufen.

Ein weiteres Glied in der Kette der neuen Gemeinsamkeiten ist eine Art „Koalitionsausschuss der Urologie“. Die geschäftsführenden Vorstände beider Verbände treffen sich mehrfach im Jahr in einem Verbände-Ausschuss und ziehen je nach Agenda Spezialisten hinzu. Im Juni fand bereits das erste Treffen statt. „Für die DGU nehmen regelmäßig Generalsekretär und Geschäftsführer, für den BDU Präsident und Geschäftsführer teil“, so Michel. 

Die Ettlinger Generalprobe des neuen Miteinander


Eine Art Generalprobe für das neue Miteinander gab es während der Frühjahrs-Sitzung des BDU-Hauptausschusses in Ettlingen. Die Sitzung wurde für eine DGU-BDU-Klausur unterbrochen, an der Michel sowie Vorstand Dr. Thomas Speck für die DGU teilnahmen. „Die DGU-BDU-Verein­barung legt fest, dass sich beide Seiten zunächst auf die in ihren jeweiligen Satzungen festgeschriebenen Schwer­punkte konzentrieren. Für den BDU ist dies die Berufspolitik, für die DGU Wissenschaft und Fortbildung.

BDU-Präsident Dr. Axel Schroeder und der DGU-Generalsekretär Prof. Maurice Stephan Michel erklärten bei dieser Klausurtagung, dass die Trennung zwischen niedergelassenen Urologen im Berufsverband sowie klinisch tätigen Urologen in der Fachgesellschaft überwunden werden soll. In ­Zukunft soll viel mehr betont werden, dass beide Verbände gleichberechtigt die Urologie vertreten. Beide Verbände verstehen sich als Vertreter der Uro­logie und wollen die Marke Urologie in Zukunft gemeinsam stärken“, erläutert Zielke den neuen Geist, der nun herrscht. Thematisch sollen die jeweiligen Stärken und Schwerpunkte der Verbände genutzt werden. 

Gemeinsame Weiterbildung ist ein Schlüsselfaktor


Oben auf der von Michel initiierten Agenda steht die zukünftige Struktur der Weiterbildung zum Urologen. Klinische und ambulante Urologie sollen an einem Strang ziehen. Michel verdeutlicht diesen Ansatz: „Für den Assistenten oder die Assistentin gilt, dass sie ein bis zwei Jahre ihrer Weiterbildung in der ambulanten Medizin bei niedergelassenen Urologen absolvieren können. Dadurch haben wir im Endeffekt mehr Ausbildungsplätze als bei rein klinischer Weiterbildung. An der klinischen Kernzeit von drei Jahren wird sich ja nichts ändern. Die Aufstockung der Weiterbildungsplätze um 40 % bewirkt auch, dass wir auslaufende urologische Praxen schneller mit jungen Nachfolgern nachbesetzen können.“ Michel betont: „Ich finde diesen Aspekt sehr wichtig und ich glaube auch, dass junge Urologen eine gute Ausbildung in der urologischen Praxis haben können.“ Die Novelle der Weiterbildungsordnung wird bei beiden Verbänden gleichgewichtig eingestuft. Die DGU kümmerte sich bislang um die Struktur des Urologie-Kapitels und trug maßgeblich zum Entwurf bei. 

Politik soll die ambulante Weiterbildung bezuschussen


„Der BDU muss sich um die Frage der Finanzierung dieser Weiterbildungsplätze in der ambulanten Urologie kümmern. Wir helfen gerne dabei, aber dies ist eine Aufgabe des Berufsverbands. Es geht um die Leistungsfähigkeit der Praxis, wenn ein Praxisassistent dort arbeitet. Wenn es dann nicht möglich ist, mehr Leistungen zu erbringen und abzurechnen, dann müssen wir schon nachfragen, wie man denn diese Weiterbildung finanzieren will. Wir müssen das Thema des stark angewachsenen Versorgungsauftrags bei der Politik ansprechen. Wir sollten in diesem Fall von der Politik fordern, die Weiter­bildung von Praxisassistenten in der urologischen Praxis mit 50 % zu be­zuschussen“, so Michel.

Die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung ist ebenfalls ein gleich­rangiges Thema für beide Verbände. In der DGU sind Prof. Jan Roigas und Vorstand Speck für das Thema ASV zuständig, im BDU unter anderem der Vizepräsident Dr. Holger Uhthoff. Michel beschreibt den aktuellen Stand: „Es gibt ein Konzept der beiden Verbände zur ASV, aber das befindet sich zurzeit noch im geschlossenen Bereich der internen Besprechung und Abstimmung zwischen den Verbänden. Wahrscheinlich werden wir im Spätsommer dieses Jahres so weit sein, um ein detailliertes ASV-Konzept der beiden Verbände öffentlich kommentieren zu können.“ 

Das ASV-Modul Uro­logische Tumoren startet im April 2018


BDU-Geschäftsführer Zielke betrachtet die ASV als berufspolitischen Schwerpunkt des BDU. „Die ASV ist ein klares berufspolitisches Thema, aber selbstverständlich wird die DGU hierbei fachlich eingebunden. Eine Arbeitsgruppe der Verbände besteht schon länger. Mit der Ankündigung des ASV-Bausteins ‚Urologische Tumoren‘ wird es nun ernst. Von jetzt an wird die Arbeit dieser Gruppe oberste Priorität für die Urologen haben“, so Zielke. Er hofft auf eine vertrauensvolle Kooperation mit DGU-Vorstand Speck, der als ­ehemaliger Landesvorsitzender des Berufsverbands in Berlin durchaus das Ver­trauen der Niedergelassenen genießt.Der Gemeinsame Bundesausschuss plant derzeit, in seiner letzten Sitzung im Dezember dieses Jahres das Urologie-Modul der ASV zu beschließen. Am 1. April 2018 soll es dann offiziell in Kraft treten.

Die ASV ist ein ­Diskussionsthema zwischen Verbänden


Im weiteren Gespräch macht Zielke aber auch deutlich, dass die ASV durchaus ein Diskussionsthema zwischen den urologischen Verbänden ist. „Die Ein­bindung eines Klinikträgers“, so der Geschäftsführer, „ist nicht zwingende Voraussetzung für die Implementierung der ASV. Natürlich kann ein stationär tätiger Arzt Teil des ASV-Teams werden, aber es ist keine notwendige Bedingung für die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung. Der wesentliche Beitrag der Klinikträger wird deren Verwaltungsapparat sein. Da die ASV sehr verwaltungsintensiv ist, werden die Klinikträger natürlich ihre Verwaltungskompetenz einbringen. Dem
G-BA ist es wichtig, dass die Facharztgruppen-übergreifende Zusammenarbeit funktioniert. In zweiter Linie geht es dann um die intersekto­rale Koopera­tion zwischen ambulanter und stationärer Medizin. Der G-BA geht davon aus, dass die ASV die On­kologievereinbarung nicht ersetzen, sondern eher ergänzen wird.“
Autor: Franz-Günter Runkel, Medical Communications




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